Krankheitskostenanalyse belegt: Lange Regenerationszeiten nach Totalentfernung der Prostata verursachen hohe Kosten
Köln, 18. April 2006 – Schulden in Milliardenhöhe belasten die gesetzlichen Krankenkassen. Um die finanzielle Situation im Gesundheitswesen in Deutschland ist es nach wie vor nicht gut bestellt. Die Folge: Neue Therapien gelangen - trotz gleicher oder sogar besserer Wirkung - nur schwer in den Erstattungskatalog, auch wenn sie nachgewiesener Maßen günstiger sind als Behandlungsmethoden, die seit Jahren von den Krankenkassen finanziert werden. Ein Beispiel: Die Brachytherapie wird zur Behandlung des Prostatakrebses eingesetzt, indem Strahlenquellen in die Prostata eingebracht werden, kontinuierlich Strahlung abgeben und somit den Krebs zuverlässig und erfolgreich zerstören. Diese Therapie, medizinisch längst anerkannt, ist in Deutschland auch nach Jahren noch nicht in die Erstattungsliste aufgenommen.
„Dabei ist diese auf der inneren Bestrahlung basierende Prostatakrebsbehandlung schonender, in vielen Fällen erfolgreicher und auf lange Sicht sogar kostengünstiger als die bislang häufigste Therapieform, die radikale Entfernung der Prostata“, erklärt Dr. Stephan Neubauer, Urologe und Ärztlicher Leiter des Westdeutschen Prostatazentrums in Köln. Vor allem lange Regenerationszeiten nach der Totaloperation verursachen für Patienten, aber vor allem für Arbeitgeber und Krankenkassen hohe Kosten. So ist, laut einer aktuellen Krankheitskostenanalyse der Universität Ulm , der Patient nach einer Totaloperation im Durchschnitt 104,4 Tage krankgeschrieben, während nach einer Brachytherapie der Patient bereits am folgenden Tag die Klinik verlassen und seine Arbeit wieder aufnehmen kann.
Kostenverursacher: Totaloperation
Im Rahmen einer Krankheitskostenanalyse der Universität Ulm konnten 177 Patienten befragt werden. (Alle Patienten wurden nach der Diagnose Prostatakrebs mit der radikalen Entfernung der Prostata, der so genannten Prostatektomie, behandelt und waren zum Zeitpunkt der Befragung jünger als 56 Jahre und somit voll erwerbstätig. Das Ergebnis: Nach der Totaloperation waren die Patienten im Durchschnitt 104,4 Tage krankgeschrieben. Während 121 Patienten dann ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnahmen, wurden 12 Patienten arbeitslos, 9 wurden altersbedingt berentet und 21 Patienten sind aufgrund ihrer Krebserkrankung vorzeitig in den Ruhestand gegangen. So entstanden im Zeitraum von der Diagnosestellung bis drei Jahre nach der Operation pro Patient im Durchschnitt folgende Kosten: 465,79 € für den Patienten, 6.569,76 für den Arbeitsgeber, 16.356,96 € für die Krankenkasse, 13.304,88 € für die Rentenversicherung und 3.912,57 € für das Arbeitsamt.
Brachytherapie: Günstige und schonende Alternative
Je nach Stadium der Krebserkrankung stehen zwei Techniken der Brachytherapie zur Verfügung: Im Frühstadium die Seed-Implantation und im bereits fortgeschrittenen Stadium oder bei aggressiven Tumoren die Afterloading-Therapie. Beide Behandlungsformen basieren auf der inneren Bestrahlung des Krebses und stellen eine Alternative zur Totaloperation unter Erhalt der Prostata dar. Das bedeutet: Der Tumor wird durch die Strahlung gezielt zerstört, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen. Bei der Seed-Implantation werden bis zu 80 kurz strahlende, kleinste Strahlungsquellen aus Jodin in die Prostata implantiert. Die so genannten Seeds verbleiben in der Prostata und geben über mehrere Monate kontinuierlich Strahlung auf das Tumorgewebe ab und zerstören es somit. Bei der Afterloadingtherapie hingegen wird die Prosta-ta nur kurzzeitig, dafür aber mit einer hohen Dosis bestrahlt. Dazu führt der Urolge gezielt spezielle Hohlnadeln in die Prostata ein, die mit einer zuvor berechneten Strahlenquelle beladen werden. Diese fährt dann Nadel für Nadel ab und bestrahlt in wenigen Minuten die gesamte Prostata. Während bei der Seed-Implantation nur eine Sitzung erforderlich ist, wird die Behandlung bei der Afterloading-Therapie im Abstand von je einer Woche wiederholt. Wichtigste Vorteile für die Patienten: Inkontinenz und Impotenz treten nur sehr selten auf, während nach der Totaloperation viele Patienten darunter leiden. Regenerationszeiten sind äußerst gering. Die Brachytherapie wird nur auf Antrag und Prüfung im Einzelfall von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet.