Moderne Behandlungsverfahren in der Medizin boomen regelrecht in Deutschland. Doch nicht alles, was neu ist, muss auch gut sein. Immer wieder werden Medikamente auf Grund starker Nebenwirkungen vom Markt genommen, vielfach sind behandelnde Ärzte nicht mit modernen Methoden vertraut. Aber gerade bei neuen Therapien hängt der Erfolg von der Erfahrung des Therapeuten ab. Dies zeigt jetzt eine aktuelle Studie des Westdeutschen Prostatazentrums (WPZ) in Köln.
Als schonende Alternative zur kompletten Entfernung der Prostata hat sich die Brachytherapie bewährt.
Bei der so genannten Seed-Implantation werden kleinste radioaktive Jodstifte in die Prostata eingebracht, die den Tumor durch gezielte Strahlung von innen zerstören. Dr. Gregor Spira, Strahlentherapeut und leitender Arzt des WPZ , das mit weit über 2.000 durchgeführten Brachytherapien bundesweit zu den erfahrensten Zentren zählt : „Unsere Studie belegt, dass Erfahrung und Konstanz des Behandlungsteams einen starken Einfluss auf die Qualität der Bestrahlung und die Verringerung von Nebenwirkungen bei der Seed-Implantation haben. Über einen Zeitraum von drei Jahren hat sich durch Analyse der Daten von mehr als 500 Patienten bestätigt: je erfahrener das Team, desto präziser die Planung der Strahlendosis und optimaler die Verteilung der Seeds.
Für den Patient bedeutet dies, dass alle Krebszellen in der Prostata durch die höchstmögliche Strahlung zerstört und gleichzeitig Harnröhre und Darm, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur Prostata liegen, maximal geschont werden. Darüber hinaus hat die zunehmende Erfahrung des Ärzteteams einen weiteren Vorteil: die Dauer des Eingriffs nimmt mit der Fertigkeit des Teams um fast die Hälfte ab. „Voraussetzung für die bestmögliche Qualität der Seed-Implantation ist eine enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Strahlentherapeuten und Urologen“, betont Dr. Stephan Neubauer, Urologe im Westdeutschen Prostatazentrum. Ohne dieses Ineinandergreifen von Kompetenzen wäre eine adäquate Behandlung nicht möglich.
Risikoarme Alternative
Rund 45 000 Männer erkranken jährlich an Prostatakrebs. Bei der Mehrzahl der Betroffenen wird das Organ radikal entfernt. Die Folgen des schweren chirurgischen Eingriffs sind jedoch mitunter fatal: 60 bis 90 Prozent der Patienten sind nach dem Eingriff impotent, bis zu 20 Prozent der Betroffenen müssen mit Harninkontinenz rechnen. Bei gleichen Heilungsraten hat die Brachytherapie gegenüber der Totaloperation einen wesentlichen Vorteil. Das umliegende Gewebe außerhalb der Prostata wird weniger in Mitleidenschaft gezogen. „Die gefürchtete Impotenz und Inkontinenz bleibt den meisten Patienten erspart“, so Dr. Neubauer. In den USA, wo die Brachytherapie seit über 20 Jahren durchgeführt wird, werden mehr Patienten mit der Brachytherapie behandelt als operiert
Zu Beginn der Behandlung wird mit Hilfe eines transrektalen Ultraschalls die exakte Größe und das Volumen der Prostata bestimmt. Anhand der gewonnen Daten wird auf diese Weise ein optimaler Bestrahlungsplan durch den Strahlentherapeuten erstellt. Bei der Seed-Implantation, bringt der Urologe bis zu 80 wenige Millimeter große, radioaktive Körnchen mittels Hohlnadeln in die Prostata ein. Dies erfolgt unter Ultraschallkontrolle. Dr. Stephan Neubauer dazu: „Die Seeds müssen millimetergenau platziert werden, um eine hohe Wirksamkeit zu erreichen und um Nebenwirkungen wie Inkontinenz und Impotenz zu vermeiden.“ Ist das Prostatakarzinom im fortgeschrittenen Stadium oder handelt es sich um eher aggressive Krebsarten, wendet das WPZ die Afterloading-Therapie in Kombination mit äußerer Bestrahlung an. Hier werden unter Kurznarkose hochdosierte Strahlenquellen in die Prostata eingeführt. Im Abstand von jeweils einer Woche wird die Bestrahlung zwei- bis dreimal wiederholt. Auch bei diesem Eingriff ist Erfahrung über die exakte Platzierung entscheidend. „Das breite Therapiespektrum ermöglicht uns, je nach Größe und Beschaffenheit des Tumors für jeden Patienten die effektivste und gleichzeitig schonendste Behandlungsstrategie festzulegen.