Köln, 21. August 2025 – Hochintensiv fokussierter Ultraschall (HIFU) gilt als innovative Methode zur Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms. Das Verfahren nutzt stark gebündelte Ultraschallwellen, die in der Prostata gezielt Hitze erzeugen und so Tumorgewebe zerstören sollen. Trotz der vielversprechenden Technologie ist die Wirksamkeit der Methode bislang wissenschaftlich nicht ausreichend gesichert.
„Die HIFU-Therapie bleibt ein experimentelles Verfahren, dessen langfristiger Nutzen nicht eindeutig belegt ist“, betont Dr. Stephan Neubauer, leitender Urologe im Westdeutschen Prostatazentrum in der KLINIK am RING in Köln. Die jüngst veröffentlichte S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom (2025) bestätigt diese Einschätzung. Demnach fehlen belastbare Daten, um die onkologische Effektivität und Sicherheit der HIFU oder anderer fokaler Verfahren wie der Kryotherapie oder Irreversiblen Elektroporation (IRE) abschließend zu beurteilen.
Auch die kürzlich publizierten Ergebnisse der französischen HIFI-Studie, in der erstmals hochintensiv fokussierter Ultraschall mit der operativen Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) verglichen wurde, ändern daran nur wenig. Zwar zeigte sich, dass die HIFU nach 30 Monaten ähnlich wirksam war wie die Operation und dabei tendenziell geringere Nebenwirkungen wie Harninkontinenz oder erektile Dysfunktion aufwies. Allerdings schränken methodische Mängel die Aussagekraft der Studie erheblich ein.
„Das Studiendesign mit großen Alters- und Gesundheitsunterschieden macht einen direkten Vergleich schwierig. Aussagen zu möglichen Vorteilen von HIFU sollten daher vorsichtig betrachtet werden“, erklärt Dr. Neubauer. Für verlässliche Aussagen brauche es gut konzipierte, randomisierte Studien mit vergleichbaren Patientengruppen und längeren Beobachtungszeiten.
Neben der fehlenden Evidenz gibt es noch weitere Einschränkungen der HIFU-Therapie: Patienten mit einer größeren Prostata können nur nach vorangehender Volumenreduktion durch Hormonentzug oder Ausschälung (TUR-P) mit HIFU behandelt werden. Zudem besteht die Gefahr einer Übertherapie, da die HIFU häufig auch bei Niedrigrisiko-Tumoren eingesetzt wird, die laut Leitlinienempfehlung besser aktiv überwacht würden. Nebenwirkungen wie Harninkontinenz oder erektile Dysfunktion sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.
„Solange belastbare, randomisierte Studien fehlen, sollten Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom auf etablierte, wissenschaftlich abgesicherte Verfahren zurückgreifen, die nachweislich hohe Heilungsraten und eine gute Lebensqualität bieten“, resümiert Dr. Neubauer. Dazu zählen moderne Bestrahlungsverfahren wie die Brachytherapie, deren Langzeitdaten eine vergleichbare oder sogar bessere Wirksamkeit als die Operation bei zugleich geringeren Nebenwirkungen belegen.
1 S3-Leitlinie Prostatakarzinom
2 Ploussard G, Coloby P, HIFI group et al. : Whole-gland or Subtotal High-intensity Focused Ultrasound Versus Radical Prostatectomy: The Prospective, Noninferiority, Nonrandomized HIFI Trial. Eur Urol. 2025 May;87(5):526-533. doi: 10.1016/j.eururo.2024.11.006. Epub 2024 Dec 4.